Die Kinder

von Lucy Kirkwood
Deutsch von Corinna Brocher

 

95 Minuten keine Pause stroboskopische Effekte

Das Physiker-Ehepaar Hazel und Robin wollte sich nach seiner Pensionierung endlich den Traum von einem Häuschen am Meer erfüllen: auf einer Wiese ein paar Kühe, die frische Milch liefern, selbstgezogenes Gemüse und Obst aus dem Garten, ein wenig Yoga und viel Ruhe; so ließe sich der gemeinsame Lebensabend gewiss genießen. Doch dann passiert eine Katastrophe. Ein Erdbeben und ein Tsunami sorgen in einem nahegelegenen Atomkraftwerk für eine Kernschmelze. Beide hatten als Wissenschaftlerin und Wissenschaftler den havarierten Reaktor konzipiert, das Kraftwerk mit aufgebaut, jahrzehntelang dort gearbeitet. Nun ist ihre Zukunft tatsächlich strahlend, allerdings vor Radioaktivität, wenngleich die Grenzwerte auf ihrem Stückchen Land wundersamerweise noch eben akzeptabel sind. Jetzt versuchen sich beide in ihrer provisorischen Behausung am Rande der Sperrzone, mit Stromrationierung, Wasser- und Nahrungsmittelknappheit zu arrangieren. Dann kommt überraschend Besuch: Es ist Rose, eine frühere Kollegin, die damals auch in eine Affäre mit Robin verstrickt war, aber die letzten 38 Jahre in Amerika verbracht hat. Dennoch wittert Hazel sofort Gefahr; doch Rose ist nicht gekommen, um alte Liebschaften aufzuwärmen. Sie will sich ihrer Verantwortung als Nuklearwissenschaftlerin stellen und schlägt Hazel und Robin einen Plan vor, der bei den beiden auf Entsetzen stößt…

Die junge britische Autorin Lucy Kirkwood verhandelt in ihrem Stück in leichtfüßigen Dialogen mit einer guten Portion schwarzen Humors große Themen: Klimawandel, endliche Ressourcen, Liebe, Alter, Tod und die Frage nach der Verantwortung der Alten gegenüber den Jungen. Virtuos verknüpft sie in ihrem Text das Politische mit dem Privaten: Schuldgefühle treffen auf Egoismus, Verantwortungsgefühl auf Erschöpfung, makabrer Witz auf existenzielle Ängste. Während konträre Positionen aufeinanderprallen und Lebenslügen aufgedeckt werden, wird gleichzeitig danach gefragt, welche Verpflichtung wir unseren Kindern gegenüber haben. Was ist der Preis, den sie in Zukunft für den gegenwärtigen Wohlstand zahlen müssen? Was sind wir unseren Kindern schuldig?

 

Jan Neumann, Jahrgang 1975, absolvierte eine Schauspielausbildung an der Bayerischen Theaterakademie August Everding. Er arbeitet als Regisseur und Autor und inszenierte u. a. am Maxim Gorki Theater Berlin, am Schauspiel Köln und am Schauspielhaus Bochum. Seit der Spielzeit 2013/14 ist er fester Hausregisseur am Deutschen Nationaltheater Weimar. In Bonn hat er bereits UNTERLEUTEN, DER MENSCHENFEIND, KLEINER MANN – WAS NUN? und in der letzten Spielzeit Shakespeares DER STURM als Familienstück inszeniert.

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