Händels Zauberoper ALCINA
Von G. F. Händel
Dramma per musica in drei Akten
Musikalische Leitung: D. Oberlinger | Regie: J. D. Herzog
»Ihr seid beschuldigt, uns nun schon zwanzig Jahre lang behext zu haben, und wir wissen noch nicht, wann diese Verzauberung enden wird, wenn man nicht bei Zeiten Vorkehrungen trifft.« (1733)
So schrieb John Arbuthnot, ein großer Verehrer Händels und einer seiner Librettisten, in einer satirischen Skizze, die unter einem Pseudonym veröffentlicht wurde und einen imaginierten Gerichtsprozess gegen Händel in England darstellt. Händel wird darin als Hexer beschrieben, der sein Publikum mit seiner Musik in Bann zieht und ihre Gefühle sowie Herzen manipuliert.
In Händels Zauberoper ALCINA, die zwei Jahre nach der Veröffentlichung dieser Satire komponiert wurde, ist die Hauptfigur selbst eine Zauberin, die über Menschenseelen und -körper herrscht. Ihre Untertanen lieben und fürchten sie gleichermaßen, und ihr jeder Wunsch ist ihnen Befehl. Auf ihrer Zauberinsel erschafft sie ein Paradies für sich, das sich aber beim näheren Hinsehen als unheimlich herausstellt. Die Tiere und Felsen in Alcinas Garten waren einst Männer, die sie liebte, bis sie ihrer überdrüssig wurde.
Zu Beginn der Handlung hält sie den fremden Ritter Ruggiero in ihrem Liebesparadies gefangen, in den sie sich wahrhaftig verliebt hat. Ruggiero, gebannt von Alcinas Zauber, empfindet seine Gefangenschaft kaum als Last – bis seine Verlobte Bradamante ihn auf der Insel findet. Als Alcina bemerkt, dass Ruggiero ihrem Einfluss entgleitet, beginnt ihre ganze Welt zusammenzubrechen.
Allerdings wäre es ungerecht, Alcina nur als herzlose Hedonistin zu begreifen: Während ihr Zauberreich verfällt und sie ihre magischen Kräfte verliert, zeigt sich eine verletzliche, gefühlvolle und barmherzige Frau. Diese psychologische Transformation der Figuren musikalisch so glaubwürdig darzustellen, ist der wahre Zauber, den Händel in dieser Partitur offenbart.
Wie in jeder barocken Oper ist die Nebenhandlung äußerst komplex und dreht sich um mehrere Dreiecksbeziehungen, die alle von unerwiderter Liebe geprägt sind. Trotz der tiefen Tragik, die sich in der Handlung entfaltet und in Alcinas Verlust von Ruggiero gipfelt, gibt es in dieser Oper zahlreiche komische Momente, die dieses Dramma per musica und seine Figuren sehr menschlich und zugänglich machen.
Das Team um den Regisseur Jens-Daniel Herzog geht in seiner Gestaltung des Bühnenraums und der psychologischen Interpretation der Figuren von der Frage aus: Woher kommt die Macht der Alcina? Wir erfahren im Laufe des Abends, wie ihr perfekt organisiertes »Paradies« funktioniert und wie es auseinanderfällt. Das relativ schlichte Bühnenbild zeigt die Innenräume ihres Palasts, während die Kostüme von der Mode der Zwischenkriegszeit inspiriert sind – das Fest des Glanzes und Luxus nach einer Katastrophe und vor der nächsten. Das Urteil, ob Alcina eine böse oder eine gute Figur ist und ob in ihrer Welt die Menschen glücklich leben können, wird dem Publikum überlassen.
Text von Polina Sandler
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