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»Keiner ist das, was der Andere sucht«

© Thilo Beu

Über Liebe und Zeitlosigkeit in DIE LEGENDE VON PAUL UND PAULA

Die alleinerziehende Mutter Paula und der verheiratete Familienvater Paul lernen sich in einer Bar kennen und verlieben sich. Während sich Paula unbekümmert in das Liebesglück stürzt, plagt Paul das schlechte Gewissen. Erst als Paula nach dem Unfalltod eines ihrer Kinder aus Vernunftgründen den gut situierten Herrn Saft heiraten will, ändert Paul seine Einstellung und kämpft für die Liebe. In DIE LEGENDE VON PAUL UND PAULA begegnen sich zufällig zwei unglücklich Suchende. Zwei, die nur für einen flüchtigen Trost aus ihrem Alltag ausbrechen wollten. »Keiner ist das, was der andere sucht«, schreibt ihnen ihr Autor Ulrich Plenzdorf zu. Doch genau da schlägt es ein, das Glück.

 

Die Filmerzählung DIE LEGENDE VON PAUL UND PAULA erschien 1974 in Buchform. Die Geschichte war zu diesem Zeitpunkt schon bekannt, denn der DEFA-Film hatte ein Jahr zuvor ein Massenpublikum erreicht. Drei Millionen Menschen sahen ihn und waren verzaubert von dieser außergewöhnlichen Liebesgeschichte. Freiheit, Selbstbestimmung und die Sehnsucht nach Glück sind die zentralen Themen. Nach dem Phänomen des Erfolgs befragt, antwortete Ulrich Plenzdorf: »Es ist eine Geschichte, die nicht alt werden kann. Mit Themen und Helden, die immer wiederkehren. Bei jeder Generation.« Und der Regisseur Heiner Carow betonte das Moment der Liebe, das die Zuschauenden begeistert: »Ich finde, dass Liebe die einzige menschliche Dimension ist gegen alle gesellschaftlichen Zwänge. Liebe ist das Pendant zu Vereinzelung, Entfremdung, Egoismus.«

© Thilo Beu

Carow griff in dem Drama eine sehr grundsätzliche Frage auf: Hat der Mensch einen Anspruch auf Glück? Wenn es nach der weiblichen Titelheldin geht, die maßgeblich für den Erfolg der »Legende« verantwortlich ist, lautet die Antwort ganz klar »Ja«. Diese Frauenfigur ist etwas Besonderes: Schlagfertig, klug, selbstbewusst und eigenständig – aber auch romantisch, unvernünftig und verträumt – eine Frau, die als alleinerziehende Mutter in prekären Verhältnissen trotzdem voller Lebenshunger und Lust auf die Liebe ist. Sie entscheidet sich nicht für die Sicherheit einer gut versorgten Existenz, sondern für die unsichere Beziehung zu einem »noch« verheirateten Mann. Ihr kurzes Leben außerhalb jeder vernunftorientierten Norm ist zum Bersten voll mit Emotionen, Leben und Liebe. Für Paula geht es am Ende nicht gut aus, aber hätte sie es deswegen mit dem Glück gar nicht erst versuchen sollen?

 

 

 

Der in der ehemaligen DDR sozialisierte Sohn einer Arbeiterfamilie, Ulrich Plenzdorf, hat Figuren geschrieben, die Menschen dazu inspirieren, den eigenen Weg zu gehen und dabei nie so getan, als wäre die Welt ein Ort, an dem alle Geschichten ein Happy End haben. Dafür liegen die Umstände, wie Georg Büchner es beschrieb, oft zu weit außer uns. Doch scheinbar unüberwindbare Grenzen und ein möglicher unglücklicher Ausgang sollten niemanden davon abhalten, das bisschen Glück, das man ab und zu dem Leben abgewinnen kann, zu ergreifen und den Mut zu haben, für sich und die eigenen Ideale einzustehen.

© Thilo Beu

 

Begleitet werden die Texte Plenzdorfs von Songs der Puhdys, Gundermann, Rio Reiser, Silly oder auch BAP. Lieder mit universeller Aussage, die Grenzen und Zeiten überdauert haben und selbst zeit- und ortlos geworden sind – so wie DIE LEGENDE VON PAUL UND PAULA.

 

 

Text von Nadja Groß.

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