Mit Mel Brooks in Transsylvanien

Rheinwein und Schwarzwälder Kirsch für alle!

Frankenstein ist tot. Es lebe Frankenstein! Der hat doch nie gelebt, sagen Sie? Mag sein. Aber er ist höchst lebendig. Mel Brooks, Weltstar in Sachen Humor, Komik und Parodie auf der Bühne und im Film, beerdigt gleich in den ersten Takten seines Musicals Viktor von Frankenstein, die Schöpfung von Mary Shelley (1797-1851) und schickt Frankenstein Junior, den Enkel Frederick, nach Transsylvanien, um den großväterlichen Haushalt auf Schloss Frankenstein »in den transsylvanischen Höhen 1934« aufzulösen.

 

 

Frederick ist Professor und Dekan an New Yorks »führendster Fortbildungsstätte«. Er möchte nicht mit den Schrecknissen, die die Kreaturen seines Großvaters verbreitet haben, in Verbindung gebracht werden und hat deshalb seinen Nachnamen in Fronkensteen umgeändert. Der prominente Hirnchirurg fürchtet um seine wissenschaftliche Karriere. Im Haus seines berühmt-berüchtigten Vorfahren wird diese jedoch einen ungeahnten Aufschwung erfahren...

Was so ernst anmutet wie das Thema »Wiederbelebung toter Materie und Unsterblichkeit«, das einstmals Horror verbreitete, ist bei Mel Brooks natürlich lustig, denn bei ihm steht Lachen an erster Stelle. Mel Brooks wäre nicht Mel Brooks, würde er seinem Publikum eine trockene Vorlesung über Hirnchirurgie halten. Seine parodistische Hommage an das Horrorgenre kommt mit Witz, Situationskomik und auch leisen Tönen, Ohrwurm-Melodien und mitreißenden Broadway-Klängen daher. Gute Laune garantiert!

 

 

 

 

Die Idee zum Weiterspinnen der Frankenstein-Geschichte von Mary Shelley hatte Gene Wilder, Star der Brooks-Filme FRÜHLING FÜR HITLER (THE PRODUCERS) und DER WILDE WILDE WESTEN (BLAZING SADDLES). Am Ende eines Drehtags saß Wilder noch in seiner Garderobe und schrieb. Brooks, sein Regisseur, wollte mit ihm zum Abendessen gehen. Was er da schriebe, fragte er. Wilder sagte, er habe eine Idee für ein Drehbuch und Brooks solle das inszenieren. Der Rest ist Geschichte. Gene und Mel schrieben das Drehbuch, Wilder wurde zu Frederick Fronkensteen und der Film FRANKENSTEIN JUNIOR (YOUNG FRANKENSTEIN) Kult. In Schwarz-Weiß.

Damit huldigte Mel Brooks seinem großen Vorgänger James Whale (1889-1957), der dem Frankenstein-Stoffgleich mehrere Filme gewidmet hat, darunter 1931 die erste Tonverfilmung des Romans von Mary Shelley mit Boris Karloff als Monster. Der Brite Whale gilt als Vater des klassischen Hollywood-Horrorfilms. Wie Brooks respektvoll in die Fußstapfen des Kollegen getreten ist und die Frankenstein-Saga modern weitererzählt hat, so huldigen Bühnenbildner Momme Hinrichs, Lichtdesigner Max Karbe und Videokünstlerin Judith Selenko in der Musical-Aufführung an der Oper Bonn der Ästhetik der Frankenstein-Filme und überraschen mit feinen Effekten in Schwarz-Weiß.

 

Trotzdem geht es auf der Bühne natürlich bunt zu. Als es galt, den Film-Klassiker FRANKENSTEIN JUNIOR als Musical an den Broadway und später ins Londoner Westend zu bringen, da behielten Brooks und sein Co-Autor Thomas Meehan natürlich alle dem Publikum lieb gewordenen Dinge aus dem Film bei: Igor hat seinen wandernden Buckel, bei Frau Blücher wiehern die Pferde und Frederick bekommt vor dem Schlafengehen eine Tasse Ovomaltine angeboten.

Auch die anderen Figuren aus dem Film treten auf und präsentieren sich gleichfalls mit großartigen Songs: Fredericks Verlobte Elizabeth (Nicht berühren), die Laborassistentin Inga (Roll dich im Heu), das Monster (Puttin’ On the Ritz) und Inspektor Hans Kemp (Hängt den Doktor), »a crazy German«, der Gegenspieler Frankensteins, der beim vermeintlichen Happy End alle zu Rheinwein und Schwarzwälder Kirschtorte einlädt, die – so heißt es – in Bad Godesberg kreiert und 1934 erstmals schriftlich erwähnt wurde.

Zum Musical hat Mel Brooks selbst die Musik und die (hier auf Deutsch gesungenen) Songtexte geschrieben. Texte voller Witz zu Funken sprühender Musik, mit der der Komponist dem Musical-Genre am Broadway und im Film ein Denkmal setzt. Sollten Sie, verehrtes Publikum, sich an mancher Stelle fragen, ob Sie diese oder jene Melodie nicht kennen – nein, Sie kennen sie nicht. Aber wenn Sie dabei an Musicals wie SINGIN’ IN THE RAIN, HIGH SOCIETY, CABARET und andere Welthits denken, liegen Sie nicht falsch. Irving Berlins Evergreen »Puttin’ On the Ritz« kommt original daher – mit einer grandiosen Stepptanznummer. Even the orchestra is beautiful: Im Orchestergraben macht eine erstklassige Band das Zuschauerglück perfekt. Es sind 13 (!) Musikerinnen und Musiker an der Zahl. Toi, toi, toi! Mel Brooks, geboren und aufgewachsen als Melvin Kaminsky in Brooklyn (New York City), zählt zu den wenigen Stars des Showgeschäfts, die ein EGOT sind, Künstler, die mit allen begehrten Auszeichnungen geehrt wurden: Emmy, Grammy, Oscar und Tony. In diesem Jahr, Brooks ist 96 Jahre alt, wurde ihm ein Ehren-Oscar zuerkannt. Die Zeremonie findet am 18. November 2023 statt. Unser FRANKENSTEIN-Ensemble gratuliert herzlich und sagt »thank you for the music, Mister Mel Brooks!«.

Text von Hans-Jürgen Schatz

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