Premiere am 20. Oktober im Opernhaus

Hairspray

Ein zeitloser Aufruf zum gesellschaftlichen Wandel

Buch von Mark O‘Donnell & Thomas Meehan | Musik von Marc Shaiman | Liedtexte von Scott Wittman & Marc Shaiman

Deutsche Fassung von Jörn Ingwersen (Dialoge) & Heiko Wohlgemuth (Songs)

Musikalische Leitung: Jürgen Grimm | Regie: Erik Petersen

© Bettina Stoess

Ein zeitloser Aufruf zum gesellschaftlichen Wandel

Mit dem Broadway-Musical HAIRSPRAY, das am 20. Oktober 2024 seine Premiere im Opernhaus Bonn feiert, präsentiert das Theater Bonn eine Produktion, die mit schwungvoller Unterhaltung und viel Humor begeistert, zugleich aber auch eine tiefgreifende gesellschaftliche Botschaft transportiert.

Unter der Regie von Erik Petersen verspricht das Stück nicht nur eine mitreißende Show, sondern auch eine kritische Auseinandersetzung mit relevanten Themen wie Rassismus, Diskriminierung und dem Kampf um Gleichberechtigung. Obwohl HAIRSPRAY in den farbenfrohen Kulissen und eingängigen Melodien der 1960er-Jahre verankert ist, sind die Botschaften zeitlos und aktueller denn je.

 

© Bettina Stoess

Die Handlung dreht sich um Tracy Turnblad, die davon träumt, in der beliebten »Corny Collins Show« aufzutreten. Doch Tracy entspricht nicht den gängigen Schönheitsidealen: Sie ist mollig, ihr Haar unbändig und ihre offenen und unkonventionellen Ansichten stoßen im konservativen Umfeld der Show auf Widerstand. Ihr folgender Erfolg wird schnell zum Symbol für den Kampf gegen Rassentrennung und für die Rechte schwarzer Tänzer, die in der Show nur an einem speziell dafür reservierten Tag im Jahr auftreten dürfen.

© Bettina Stoess

»Es geht nicht nur darum, die Welt der 60er Jahre nachzubilden, sondern zu zeigen, wie wenig sich die grundlegenden Konflikte geändert haben. Die Frage, wer gehört wird und wer nicht, ist heute genauso aktuell wie damals«, erklärt Erik Petersen im Interview.

Tatsächlich sehen wir uns in Zeiten, in denen Diskussionen um Diversität und gesellschaftliche Teilhabe wieder brisant sind, ähnlichen Herausforderungen gegenüber wie Tracy in den 60er Jahren. Der Druck, gesellschaftlichen Normen zu entsprechen, mag sich verändert haben, doch der Kern des Problems bleibt: Es gibt nach wie vor Gruppen, die systematisch ausgegrenzt werden.

Petersen gelingt es, diese universelle Problematik historisch fundiert und zugleich zeitgemäß auf die Bühne zu bringen. Er nutzt die humorvollen und mitreißenden Elemente des Musicals, um die Zuschauerinnen und Zuschauer in die Geschichte zu ziehen und zeitgleich zum Nachdenken anzuregen. »HAIRSPRAY zeigt nicht nur Tanz, Musik und gute Laune, sondern auch die Missstände, die nach wie vor Teil unserer Gesellschaft sind«, betont Petersen.

Besonders beeindruckend ist die Entscheidung des Regisseurs, die Bühne als überdimensionale Einkaufswelt der 60er Jahre zu gestalten. Die glamourösen Auslagen und die fröhliche Atmosphäre der »Corny Collins Show« täuschen über die gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten hinweg, die die Figuren erleben. »Die Gesellschaft war dem Konsum verfallen und die Rassentrennung ein Bestandteil, über den niemand nachgedacht hat«, erklärt Petersen.

© Bettina Stoess

Tracy Turnblad, die Protagonistin, steht stellvertretend für all jene, die anders sind und dennoch Anerkennung und Gleichberechtigung fordern. Ihre Geschichte zeigt, dass Entschlossenheit und Engagement oft ausreichen, um Großes zu bewirken. »Das ist die große Stärke des Stückes. Tracy wurde ausgegrenzt, weil sie nicht den Idealen entsprach, und am Ende vereint sie alle«, beschreibt Petersen die Botschaft des Musicals.

Das Musical vermittelt ein Gefühl der Hoffnung und des Aufbruchs. Trotz aller Widrigkeiten hat Tracy es geschafft, etwas zu bewegen. Sie zeigt, dass jeder einen Beitrag zu einer gerechteren Gesellschaft leisten kann, wenn er den Mut hat, sich gegen Unrecht zu stellen und für seine Überzeugungen einzutreten.

Schließlich regt das Stück fast spielerisch zum Nachdenken an: Welche Vorurteile tragen wir selbst in uns? Wo grenzen wir andere aus, vielleicht unbewusst, und was können wir selbst tun, um die Welt ein wenig gerechter zu machen?

 

© Bettina Stoess

Diese Themenvielfalt macht HAIRSPRAY zu einem Stück, das weit über die 1960er Jahre hinausreicht und in einer heutigen Zeit, in der Identitätspolitik, Body Positivity und die Diskussion über strukturelle Ungleichheiten zentral sind, besondere Relevanz besitzt.

Petersen gelingt es, die schillernde Oberfläche des Musicals zu nutzen, um dem Publikum eine tiefere Botschaft zu vermitteln. »Wir wollen nicht nur unterhalten, sondern auch zum Nachdenken über Parallelen zur heutigen Zeit anregen«, so Petersen abschließend.

Ein besonderer Aspekt der Bonner Inszenierung ist die musikalische Gestaltung. Die eingängigen Melodien von Marc Shaiman, die die Stimmung der 60er Jahre einfangen, verleihen dem Musical seine unverwechselbare Energie; gespielt von einer aus 15 Gastmusikern bestehenden Band unter der musikalischen Leitung von Jürgen Grimm.

Petersen und sein Team haben großen Wert darauf gelegt, die Musik als eigenständiges dramaturgisches Mittel einzusetzen. Die Songs spiegeln die emotionale Bandbreite des Stücks wider und tragen zur Intensität der Inszenierung bei. Beispiele dafür sind die bekannten Lieder »Good Morning Baltimore« oder »You can't stop the beat«.

© Bettina Stoess

Auch das Tanzensemble spielt eine zentrale Rolle. Die dynamischen Choreografien von Sabine Arthold bringen das Lebensgefühl der 60er Jahre auf die Bühne und unterstreichen die Botschaft des Musicals: Tanz und Musik als Ausdruck von Freiheit und Selbstverwirklichung. Jede Bewegung erzählt eine eigene Geschichte und trägt zur Stimmung des Stücks bei.

Die Bonner Premiere von HAIRSPRAY ist mehr als nur eine weitere Aufführung eines beliebten Broadway-Hits. Sie ist ein Statement gegen Rassismus und Intoleranz sowie ein leidenschaftliches Plädoyer für Toleranz und Menschlichkeit. HAIRSPRAY ist eine kraftvolle Erinnerung daran, dass jeder die Welt verändern kann – wenn er den Mut hat, seine Stimme zu erheben.

Text von Phillip Relles.

Zur Produktion